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Arbeitsrecht: Ausserordentliche (fristlose) und ordentliche Kündigung

Wann können Arbeitgebende den Mitarbeitenden fristlos kündigen? Welche Konsequenzen drohen,
wenn die Kündigung ungerechtfertigt erfolgt ist?

Das schweizerische Arbeitsrecht unterscheidet zwischen ordentlicher und ausserordentlicher (auch bekannt unter «fristloser») Kündigung. Während die ordentliche Kündigung die Einhaltung einer gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist voraussetzt, ermöglicht die ausserordentliche Kündigung eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist. Für Arbeitgebende ist es entscheidend, die Voraussetzungen und Risiken beider Kündigungsarten zu kennen.

Ordentliche Kündigung

Die ordentliche Kündigung kann von beiden Parteien unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist ausgesprochen werden. Die gesetzlichen Fristen sind in Art. 335c OR geregelt und variieren je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Die Kündigungsfristen betragen:

  • 1 Monat im ersten Dienstjahr,
  • 2 Monate vom zweiten bis zum neunten Dienstjahr,
  • 3 Monate ab dem zehnten Dienstjahr.

Vertraglich kann von den vorgenannten Kündigungsfristen abgewichen werden. Bei einer ordentlichen Kündigung ist daher für die Bestimmung der Kündigungsfrist in jedem Fall der jeweilige Arbeitsvertrag zu konsultieren. Eine ordentliche Kündigung muss schriftlich erfolgen, wobei Arbeitgebende die Gründe für die Kündigung nicht zwingend angeben müssen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass Arbeitnehmende eine schriftliche Begründung verlangen (Art. 335 Abs. 2 OR).

Ausserordentliche Kündigung

Die ausserordentliche Kündigung ist in Art. 337 OR geregelt und kann von beiden Parteien aus wichtigem Grund ausgesprochen werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Umstände eintreten, bei denen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die kündigende Partei unzumutbar ist.

Beispiele für solche Gründe sind:

  • Straftaten wie Diebstahl oder Betrug,
  • grobe Verletzungen der Arbeitspflichten,
  • wiederholte Arbeitsverweigerung trotz Abmahnungen,
  • Tätlichkeiten oder schwere Beleidigungen am Arbeitsplatz.

Eine ausserordentliche Kündigung ist nur dann rechtmässig, wenn der wichtige Grund objektiv vorliegt und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Zudem muss die Kündigung unverzüglich nach Bekanntwerden des wichtigen Grundes ausgesprochen und begründet werden. Eine vorherige Abmahnung ist nicht zwingend erforderlich, aber sinnvoll, um die Unzumutbarkeit zu belegen. Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen.

Rechtsprechung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung mehrfach klargestellt, unter welchen Umständen eine ausserordentliche Kündigung gerechtfertigt ist. Im Urteil 4A_342/2021 vom 13. Oktober 2021 befasste sich das Bundesgericht mit der fristlosen Kündigung des Geschäftsführers einer Personalvorsorgestiftung. Das Bundesgericht schützte diese fristlose Kündigung, wobei sich die Arbeitgeberin auf mehrere schwere Pflichtverletzungen seitens des Geschäftsführers berief.

Im Gegensatz dazu hat das Bundesgericht in Urteil 4A_115/2010 eine ausserordentliche Kündigung als ungerechtfertigt eingestuft. In diesem Fall wurde bei einem Berufschauffeur nach 21 einwandfreien Dienstjahren eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille festgestellt, was die Arbeitgeberin zur sofortigen fristlosen Entlassung des Arbeitnehmers bewog. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass in diesem Falle mindestens eine vorgängige Verwarnung hätte ausgesprochen werden müssen, da es die Verfehlung des Arbeitnehmenden nicht ausreichend schlimm einstufte, dass der Arbeitgeberin die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr hätte zugemutet werden können.

Risiken der ungerechtfertigten ausserordentlichen Kündigung

Erweist sich die ausserordentliche Kündigung als ungerechtfertigt, drohen den Arbeitgebenden erhebliche juristische Risiken. Diese umfassen:

  • Lohnfortzahlung: Arbeitgebende können gerichtlich verpflichtet werden, den Lohn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzuzahlen (Art. 337c Abs. 1 OR).
  • Entschädigung: Zusätzlich können Arbeitnehmende eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen beanspruchen (Art. 337c Abs. 3 OR), wenn die Kündigung ungerechtfertigt war.
  • Kosten und Rufschädigung: Darüber hinaus können rechtliche Auseinandersetzungen hohe Kosten verursachen und den Ruf des Unternehmens schädigen.

Für eine zwingende Wiederanstellung besteht hingegen im schweizerischen Recht keine Grundlage.

Fazit

Für Arbeitgebende ist es essenziell, bei der Kündigung von Arbeitnehmenden sorgfältig zwischen ordentlicher und ausserordentlicher Kündigung zu unterscheiden und die rechtlichen Vorgaben genau zu beachten. Während die ordentliche Kündigung in den meisten Fällen eine sichere und risikoarme Methode darstellt, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden, sollte die ausserordentliche Kündigung nur bei klaren und schwerwiegenden Gründen angewendet werden. Im Zweifel ist möglichst zeitnah nach dem betreffenden Vorfall, aufgrund dessen die Kündigung erfolgen soll, eine rechtliche Beratung ratsam, um potenzielle juristische Risiken zu minimieren.